Einfach zeitlos: Wohnen im 70er-Jahre-Stil

Interview mit designfunktion-Expertin Sabine Breitenstein

 

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Kuratiert von

Gesine

19.12.2023

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Schlaghosen, Disco-Musik oder die Lava-Lampe: Die 70er haben uns vieles geschenkt. Einiges ist wieder in Vergessenheit geraten, anderes ist geblieben oder kommt gerade wieder. Das Jahrzehnt prägt dabei nicht nur die aktuelle Mode, sondern ist für immer mehr Menschen eine Inspiration bei der Gestaltung und Einrichtung der eigenen vier Wände. Aber woher kommt die neuentdeckte Liebe zu den 70ern? Wie lässt sich der 70er-Style zuhause umsetzen, ohne kitschig zu wirken? Wir haben jemanden gefragt, die es wissen muss. Unsere Leiterin der designfunktion-Textil- und Farbberatung, Sabine Breitenstein.

Frau Breitenstein: Sind die 70er-Jahre gerade wieder in Mode oder waren sie eigentlich nie richtig verschwunden?


Die 70er haben viele Designs und Ikonen hervorgebracht, die alle nachfolgenden Generationen geprägt haben - mal mehr, mal weniger stark. So richtig weg waren sie tatsächlich nie. Im Gegenteil: Einige Design-Ikonen der 70er sind im wahrsten Sinne des Wortes zeitlos. Ich denke dabei etwa an die Designklassiker des dänischen Architekten Verner Panton, der gerade in den 70ern weit über die Kunstszene hinaus Bedeutung hatte und als Möbeldesigner und Innenarchitekt bis heute für viele Menschen eine Inspiration ist.

Was glauben Sie, fasziniert die Menschen an den 70er-Jahren?


Die 70er-Jahre waren eine Zeit des Protests. Alte Muster und Gewissheiten wurden infrage gestellt. Vieles wurde neu erdacht oder ausprobiert. Ein Beispiel sind die Kommunen als alternative Lebens- und Wohngemeinschaften. Auch neue Technologien veränderten die Gesellschaft. Die Mondlandung 1969 oder der Farbfernseher haben die 70er stark geprägt. Es war ein gewisser Optimismus spürbar und vieles, wovon wir heute noch träumen, schien damals greifbar zu sein. All das hatte natürlich Einfluss auf das Design und die Art, wie sich die Menschen einrichteten. 

 

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Ist es dann eine Art Eskapismus, wenn sich Menschen heute auf die 70er beziehen?

Möglicherweise. Gerade bei den Babyboomern und der Generation X spielen aber sicher auch Erinnerungen an eine als unbeschwert und sorglos empfundene Kindheit eine wichtige Rolle. Filme wie 2001 - Odyssee im Weltraum, Uhrwerk Orange oder die Musik von Studio 54 können zudem eine gewisse Nostalgie auslösen.   

 

70er-Jahre Wohnung mit modernem Flair

Sie haben ebenfalls Lust auf eine Zeitreise in die 70er? Sie wissen aber noch nicht so recht, wie sich der Stil dieses Jahrzehnts in die heutige Zeit übertragen lässt? Dann werfen Sie einen Blick auf eines unserer aktuellen Projekte. Hier haben wir ein Apartment in München ganz im Stil der 70er-Jahre gestaltet und eingerichtet. Sie werden sehen: Die 70er sind mit ihrer Vielseitigkeit auch heute eine fantastische Inspiration!  

Wer an die 70er-Jahre denkt, hat oft Bilder von Schlaghosen und gewagten Frisuren im Kopf. Umfasst das Revival dieses Jahrzehnts denn neben der Mode auch alle anderen Bereiche des Lebens?


Stimmt, aus der aktuellen Mode sind die 70er nicht wegzudenken. Überall sieht man jetzt wieder High Waist Jeans mit Schlag. In der Architektur sehe ich diesen Trend weniger. Hier werden die 70er eher im Interior-Design wiederentdeckt. Meist verliebt man sich in ein besonderes Möbelstück im 70er-Stil, das einen schönen Akzent setzt. Manchmal werden auch ganze Räume im 70er-Style gestaltet oder mit dem skandinavischen Einrichtungsstil vermischt. Beide Stile passen übrigens hervorragend zusammen. 

 

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Welche Design-, Farb- oder Einrichtungselemente sind denn überhaupt typisch 70er?


Starke und klare Farben wie Orange, Gelb, Grün, Blau und Violett aber auch Braun und Beige und viele Naturtöne sind typisch für die 70er Jahre. Bei den Stoffen und Textilien sind es Cord und Bouclé. Außerdem waren hochflorige „Flokati“-Teppiche weit verbreitet. Im Möbeldesign kam oft Kunststoff zum Einsatz - etwa bei den Stühlen und Leuchten. Wurde Holz verwendet, war dies eher dunkel gemasert. Rauchglas ist ebenfalls typisch für diese Zeit und bis heute beliebt, wenn Lampen und Leuchten entworfen werden. Unvergessen sind natürlich auch die zahlreichen Tapetendesigns mit den typischen Wellen und Op-Art-Mustern.

 

Op-Art und Pop-Art: Was ist der Unterschied?

Sowohl Pop-Art als auch Op-Art (Optische Kunst) sind bedeutende künstlerische Bewegungen des 20. Jahrhunderts, sie unterscheiden sich jedoch in ihrer Motivation, ihrem Ursprung und ihrem ästhetischen Ansatz. Pop-Art fokussierte sich auf die Darstellung von Massenmedien und Konsumkultur, oft durch klare Linien und helle Farben, inspiriert von Werbung und Alltagsgegenständen. Herausragende Künstler dieses Stils sind Andy Warhol oder Roy Lichtenstein. OP-Art hingegen konzentrierte sich eher auf die optische Wahrnehmung, mit Werken, die dem Betrachter das Gefühl von Bewegung oder Täuschung vermittelten. Während Pop-Art also die Grenzen von Kunst und Massenkultur hinterfragte, untersuchte OP-Art die visuelle Wahrnehmung. Künstler, die mit OP-Art in Verbindung gebracht werden, sind unter anderem Victor Vasarely oder Lothar Charoux. 

Farben wie Orange oder die berühmten runden Muster können schnell zu knallig oder kitschig wirken. Wie gelingt es, den Stil der 70er in die heutige Zeit zu übertragen?


Meine Empfehlung: Setzen Sie auf Designklassiker. Diese sind im besten Sinne des Wortes zeitlos und verleihen dem Raum dennoch das Flair der 70er. Generell verhindern hochwertige Möbelstücke, dass der Einrichtungsstil aufgesetzt oder albern wirkt. Mir fallen da spontan die Bambola-Sessel von B&B Italia oder das Camaleonda-Sofa ein. Aber auch wenn man kein umfassendes 70 Jahre-Styling mag, lassen sich diese Möbel sehr gut in eine reduzierte moderne Einrichtung integrieren. Die Pantella- oder die Flowerpot-Leuchten setzen ebenfalls tolle Akzente und sind aktuell wieder in unserem Showroom zu sehen. Was die Wandgestaltung angeht - probieren Sie doch Tapeten mit dem typischen 70er-Muster aus. Falls Ihnen der Stil später nicht mehr gefällt, können Sie die Tapete leicht ersetzen. Stilempfinden wandelt sich. Und die Lust zum Wandel war schließlich etwas, dass die 70er ausgezeichnet hat.

 

Vielen Dank für das Interview!

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