Büros sollen Orte der Begegnung werden. Doch warum fehlt uns die Begegnung eigentlich, wenn wir doch ständig connected sind? Wir haben nachgefragt bei Nora Dietrich, Psychotherapeutin und Organisationdesignerin.
Büros sollen Orte der Begegnung werden. Doch warum fehlt uns die Begegnung eigentlich, wenn wir doch ständig connected sind? Wir haben nachgefragt bei Nora Dietrich, Psychotherapeutin und Organisationdesignerin.
Büros sollen Orte der Begegnung werden. Doch warum fehlt uns die Begegnung eigentlich, wenn wir doch ständig connected sind? Wir haben nachgefragt bei Nora Dietrich, Psychotherapeutin und Organisationdesignerin.
Dieses Interview ist Teil des designfunktion e-Magazines „Hello Stranger! Wie wir das Büro als Begegnungsort neu entdecken.“ Das komplette Magazin erhalten Sie hier kostenfrei zum Download.
Nora, kannst du uns erklären, was der Entzug von Begegnung mit uns macht?
Die Evolution hat bei der Entwicklung unseres Gehirns die digitale Welt noch nicht vorausgesehen – und unsere Synapsen dafür schlichtweg ein bisschen falsch verdrahtet. Wir sind so konstruiert, dass wir vor allem in der physischen Nähe anderer Menschen funktionieren. Sie gibt uns Selbstbewusstsein und das Gefühl, Probleme gut lösen zu können. Sind wir hingegen allein, fährt unser Gehirn das sogenannte Bedrohungsmonitoring eine Stufe höher. Wir scannen unsere Umgebung dann intensiver auf mögliche Gefahren. Das kostet viel Kraft und vor allem haben wir ständig das Gefühl, auf uns allein gestellt zu sein. Dass das gar nicht stimmt, weil wir ja weiterhin virtuell verbunden sind mit unserem Team und anderen Menschen, die uns helfen können, ist unserer Intuition erst einmal egal. Deshalb haben viele von uns sich zuletzt viel schneller als früher überfordert gefühlt.
Dazu kommt noch, dass uns im virtuellen Raum zwischen 70 und 90 Prozent der Kommunikation fehlt, weil all das Non-Verbale abhanden geht. Das führt zu einem Paradox: Wir werden auf der einen Seite immer mehr mit Sach-Informationen überflutet, auf der anderen Seite haben wir auf der Beziehungsebene eine absolute Informationsarmut.
Bei all den sozialen Begegnungen, die wir in unserem Leben haben – Familie, Freundeskreis, Partnerschaft – und die zuletzt zu kurz gekommen sind: Wie ordnet sich die Unternehmenszugehörigkeit da ins Gesamtbild ein?
Schon vor der Pandemie hatten Unternehmen als identitätsbildender Faktor einen höheren Stellenwert als jemals zuvor. Unsere Arbeitsplätze haben sich verändert, wir sprechen heute von Leidenschaft, Purpose und Erfüllung – das hat früher alles kaum eine Rolle gespielt. Wir leben heute in der westlichen Welt so individualisiert, dass wir in unserem Alltag relativ wenig Gemeinschaft erfahren. Unternehmen können einen Teil dazu beitragen, diese Lücke zu schließen. Dafür müssen sie aber Orte und Formate schaffen, die genau dieses Gefühl von Community fördern.
Welche Bedürfnisse haben wir als Menschen sonst noch, die ein Büro bedienen sollte?
Wir haben ein grundlegendes Bedürfnis zu lernen – frei zu denken, kreativ zu sein, dabei auch mal „dreckig“ zu werden, zu spielen. Ein Büro, das dieses Bedürfnis bedienen möchte, sollte uns Freiräume zur Exploration bieten. Ein weiteres bedeutendes Bedürfnis ist das nach Autonomie und Flexibilität – selbst entscheiden zu können „wie möchte ich heute arbeiten und was ist der beste Ort dafür?“. Außerdem brauchen wir Orientierung und Klarheit: Eindeutige Wege, Räume, die spezifischen Zwecken dienen, und gemeinsame Spielregeln. Zuletzt wären noch unser Bedürfnis nach Ästhetik zu nennen sowie natürlich Gesundheit – physisch wie psychisch.
Nora Dietrich
Psychotherapeutin und Organisationdesignerin
Dieses Interview ist Teil des designfunktion e-Magazines „Hello Stranger! Wie wir das Büro als Begegnungsort neu entdecken.“ Das komplette Magazin erhalten Sie hier kostenfrei zum Download.